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Frauen spielen um verdiente Akzeptanz

Alisha's NFT

Der FIFA Women’s World Cup, welcher derzeit in Neuseeland und Australien stattfindet, kommt dank dem kompetitiven Schweizer Team und erwachter medialer Berichterstattung auch in der Schweiz an. Unser Team steht als Gruppensieger im WM-Achtelfinal gegen Spanien und holt sich seine verdiente Akzeptanz. Ein Symbol mit Strahlkraft. Denn der Frauensport befindet sich nach einem jahrzehntelangem Dornröschenschlaf generell in einer Vorwärtsbewegung – auch ein Abbild der sich verändernden Gesellschaft und Rollenbilder.

Von Martin Zinser

 

Bleiben wir bei der FIFA. Der Weltfussballverband verspricht, dass bis 2027 bei Männer- und Frauenturnieren die gleichen Prämien ausgeschüttet werden. In der nun laufenden WM stehen für die 32 Frauenteams insgesamt 110 Mio. Dollar bereit, bei den Männern waren es in Katar viermal mehr. Dürfen wir FIFA-Präsident Gianni Infantino beim Wort nehmen?

Damit die FIFA dieses Ziel erreicht, wird sie deutliche Mehreinnahmen bei TV-Verträgen und Sponsoren erzielen müssen. Ist das realistisch? Es wird sicher nicht einfach sein, wie auch das Gezerre um Rechtegelder in Deutschland vor der Frauen-WM gezeigt hatte. ARD/ZDF überwies der FIFA letztlich knapp 10 Millionen Euro. Die Männer-WM 2022 in Katar war den öffentlich-rechtlichen Sendern noch über 200 Millionen wert. Das erscheint dem Aussenstehenden dann doch etwas gar knauserig, wenn man die jüngsten Einschaltquoten vergleicht. Die deutschen Frauen erreichen bei unserem nördlichen Nachbarn derzeit nämlich mehr TV-Publikum als die sportlich «serbelnden» Männer.

 

Sponsoren und grosse Medien als Motoren

Um den Frauensport vorwärtszubringen, braucht jede Disziplin mutige Sponsoren, die über Jahre frisches Geld zur Verfügung stellen. Zusätzliche Mittel können dann in Personal, Infrastruktur und technische Verbesserungen investiert werden. Diese Firmen erwarten einen Gegenwert und Image-Gewinn. Sie vermuten auch Chancen, die bei Männersportarten nicht mehr möglich sind. Seit August 2020 engagiert sich die AXA als Titelsponsor der AXA Women’s Super League, vor einem Jahr ist auch die Credit Suisse als Partnerin eingestiegen. Die Grossbank unterstützt den Schweizer Fussballverband zudem seit 30 Jahren, und seit 2008 fliessen Gelder in die nationale Förderung des Frauenfussballs. Sie war zudem auch Hauptpartnerin der erfolgreichen Kandidatur für die Europameisterschaft, die 2025 in der Schweiz stattfinden wird. Und im Juli 2023, kurz vor der WM, hat die CS mit dem SFV zudem eine NFT-Kunstkollektion lanciert, bei der digitale Portraits der Spielerinnen im Zentrum stehen. Die 756 NFTs sind an Zusatzleistungen gebunden und auf drei Ebenen zwischen 10’000 (Originalportrait einer Spielerin, z.B. Alisha Lehmann – siehe Foto «Credit Suisse») bis 150 Franken über eine CS-Applikation erhältlich – der Erlös kommt vollumfänglich dem Schweizer Frauenfussball zugute.

Es braucht nebst treuen Sponsoren zudem die grössten Medien im Land, welche diese Vorwärtsbewegung begleiten und beschleunigen. SRF überträgt Frauenspiele der nationalen Meisterschaft, was beim Einstieg vor drei Jahren belächelt wurde. Heute zeigt SRF alle WM-Spiele aus Ozeanien live, sendet täglich ein WM-Magazin, das mit Beiträgen von Reportern aus Zürich und vor Ort gespiesen wird. Die SRG hat Sogwirkung, was auch bei anderen Sportarten zu beobachten ist; als kürzlich die neue Nationaltrainerin Inka Grings vorgestellt wurde, kamen 20 Journalistinnen und Journalisten zur Pressekonferenz. Vor ein paar Jahren konnten Presseleute, die sich für Frauenfussball interessierten, noch an einer Hand abgezählt werden.

 

Chancengleichheit wird angestrebt

Ein Hauptmanko vieler Sportverbände ist die Untervertretung von Frauen in ihren Gremien. Unsere Sportministerin Viola Amherd hat sich vor Jahresfrist klar positioniert und fordert eine Korrektur, die sich an der Entwicklung unserer Gesellschaft orientiert. Swiss Olympic ist diesem Thema verpflichtet, private Netzwerke wie «sportif» engagieren sich sichtbar. Es sollte in ein paar Jahren auch selbstverständlich sein, dass sportwissenschaftliche Untersuchungen bei beiden Geschlechtern gleichermassen möglich sind. Das ist nur ein Beispiel der Chancengleichheit, welche von weiblichen Vertretern in den Sportgremien wohl eher gefördert werden.

Es brauche nicht die gleichen Löhne bei den Frauen wie bei den Männern, sagt Tatjana Hänni, die nach ihren Engagements bei UEFA, FIFA und dem SFV seit einem Vierteljahr als Sportdirektorin in der US-Frauenprofiliga NWSL tätig ist. Wichtig sei, dass Fussballerinnen gleiche Chancen bekommen wie ihre männlichen Kollegen. Dafür setzt sich auch das Schweizer Komitee «Forza le donne» ein, das dem SFV-Präsidenten Dominique Blanc kürzlich medienwirksam ein Manifest überreicht hat. «Frauenfussball hat dasselbe Potential wie Männerfussball», ist Hänni überzeugt.

Noch immer kämpfen die Fussballerinnen nämlich mit alten Vorurteilen, was aber – bewiesen unter anderem durch eine Studie der Universität Zürich – auch mit alten Rollenbildern zu tun hat. Und Orange, ein Sponsor des französischen Fussballverbandes, sorgte mit einem Video kurz vor der WM für Aufsehen. Wer die erste Minute dieses Videos anschaut, scheint sich von Antoine Griezmann und Kylian Mbappé, den Ballkünstlern der Bleus, verzaubern zu lassen. Die zweite Minute enthüllt dann, dass alle Szenen aus Frauen-Länderspielen stammen – mittels digitaler Trickkiste wurden den Frauen die Gesichter der weit bekannteren Männer «übergestülpt» (siehe Video).

Fussball fasziniert weltweit, ist attraktiv – manchmal ist er auch langweilig. Beides ist unabhängig vom Geschlecht. Wer heute noch behauptet, er können Frauenfussball nicht anschauen, der sollte sein angestaubtes Rollenbild in den verbleibenden WM-Tagen vielleicht wieder einmal überprüfen.

sportlifeone lebt Chancengleichheit

Bei sportlifeone haben alle Leistungssportlerinnen und Leistungssportler die gleichen Rechte. Wir unterscheiden nicht nach Geschlechtern und Sportarten. Wir sehen uns immer Menschen gegenüber, die wir mit unserer Expertise in privaten Fragen rund um den Sportberuf (und darüber hinaus) bestmöglich beraten und unterstützen möchten.

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